Am 18.11.2003 wurde im neuen Terminal des Airport Niederrhein die Studie zur verkehrlichen Anbindung des Flughafens der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Studie, die im Januar 2003 vom Kreis Kleve beauftragt und unter Federführung der Ingenieurgruppe IVV in Zusammenarbeit mit Buck Consultants International (BCI), AGV - Adviesgroep Verkeer en Vervoer sowie Holland Railconsult (HR) aus den Niederlanden durchgeführt wurde, beschreibt das Wachstumspotenzial des Flughafens und die daraus resultierenden Konsequenzen für die verkehrliche Erschließung.
Historie
Nach der Entscheidung der Royal Air Force, den Militärflughafen in Weeze-Laarbruch aufzugeben, haben sich die regionalen politischen Entscheidungsgremien des Kreises Kleve und der Gemeinde Weeze mit der gegründeten Flughafen Niederrhein GmbH im Jahre 1996 darauf verständigt, den Militärflughafen in einen Zivilflughafen umzuwandeln. Im Juni 2001 hat die Bezirksregierung Düsseldorf eine Genehmigung für den zivilen Luftverkehr auf dem ehemaligen Flughafen Weeze-Laarbuch erteilt. Drei Investoren (Imca Group BV, Marigot BV und Van de Lande Select BV) engagieren sich seitdem für den Aufbau des „Euregionalen Zentrums für Luftverkehr, Logistik und Gewerbe“. Aufgrund der Nähe zu bedeutenden Ballungsräumen und Wirtschaftszentren, insbesondere zum Ruhrgebiet, dem Knotenpunkt Arnheim/Nimwegen sowie Nord- und Mittel-Limburg (mit dem Logistikknoten Venlo), soll der Airport Niederrhein nach den Plänen des Investors sowohl für den Güterverkehr als auch für den Passagierverkehr entwickelt werden. Wesentlicher Bestandteil des Konzepts dieses euregionalen Zentrums ist der Airport Niederrhein.
Problematik der Vekehrsanbindung
Als ehemaliger Militärflughafen ist der Standort des Airport Niederrhein jedoch landseitig nur unzureichend an die Verkehrsnetze angebunden (Bild 1). Auf deutscher Seite besteht über Kreis- und Landstraßen die Anbindung an das Bundesfernstraßennetz. Die nächste Bundesstraße (B 9) ist 5 km, der nächste Autobahnanschluss (A 57) 11 km entfernt. Trotz der bestehenden Entlastungsstraße des Ortskerns der Gemeinde Weeze (Südwesttangente) dürfte es langfristig durch den Flughafen zur Überlastung einzelner Straßennetzelemente kommen. Eine leistungsfähige Anbindung an das niederländische Straßennetz existiert nicht. Auch im öffentlichen Verkehr besteht derzeit keine ausreichende Anbindung des Airport Niederrhein an die Netze in Deutschland und den Niederlanden. Die nächste Bahnlinie verläuft parallel zur Bundesstraße 9. Die Gemeinde Weeze besitzt einen Haltepunkt. Die Strecke ist nicht elektrifiziert und wird derzeit überwiegend im Schienenpersonennahverkehr genutzt.
Inhalte und Ergebnisse
Im Rahmen einer Marktpotenzialanalyse und –prognose wurde von BCI der Einzugsbereich des Flughafens ermittelt und die Aufkommenspotenziale und deren Verteilung im Einzugsgebiet quantifiziert. Darauf aufbauend wurden von IVV die zu erwartetenden Verkehrsbelastungen prognostiziert und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der identifizierten Engpässe im Bereich der Infrastruktur, Verkehrssicherheit, Lärmbelastung, Umwelt, Städtebau und Verkehrsbedienung / Betriebskonzepte entwickelt und aufgezeigt.
Der Einzugsbereich
des Airport Niederrhein erstreckt sich auf einem Gebiet, das die wesentlichen wirtschaftlichen Wachstumsbereiche und damit die relevanten Potenziale sowohl auf der niederländischen als auch auf der deutschen Seite umfasst. Das zentrale Einzugsgebiet liegt in einem Umkreis von ca. 60 Kilometern um den Flughafen und umfasst folgenden Teilgebiete:
- Niederrhein und westliches Ruhrgebiet (Duisburg, Kleve, Wesel, Krefeld, Viersen, Mönchengladbach, Neuss, Mülheim, Oberhausen, Essen)
- Zentral-Gelderland mit dem Knotenpunkt Arnheim/Nimwegen (KAN-Gebiet)
- Nord- und Mittel-Limburg mit dem Logistikknotenpunkt Venlo
- Östlicher Teil der Provinz Nordbrabant
Das Einwohnerpotenzial dieser Region beträgt ca. 7,5 Millionen Menschen. Im erweiterten Einzugsgebiet bis zu 90 Kilometern um den Flughafen steigt die Einwohnerzahl auf über 17 Millionen an. Aufgrund dieses Potenzials wurden Szenarien entwickelt, die mögliche (Markt)Potenziale für den Airport Niederrhein aufzeigen. Dem verkehrstechnischen Teil der Untersuchung wird ein Wirtschaftsknoten-Punkt-Szenario zugrunde gelegt, bei dem über den Flughafen bis zum Jahr 2015 knapp 3 Millionen Passagiere und gut 60.000 Tonnen Fracht abgewickelt werden. Auf dieser Grundlage wurde eine Empfehlung hinsichtlich der Gewerbeansiedlungen erarbeitet, unter deren Berücksichtigung bis zum Jahr 2015 bis zu ca. 4.800 Arbeitsplätze am Flughafen und in den Gewerbegebieten entstehen könnten.
Verkehrsnachfrage, Engpässe und Maßnahmen
Aufgrund der Fluggast- und Frachtprognose sowie einer in Anlehnung an Erfahrungen bei vergleichbaren Flughäfen ermittelten MIV/ÖV-Aufteilung wurde eine Verkehrsnachfrage abgeleitet, die zum Teil zu erheblichen Belastungszunahmen und damit zu Engpässen in den Bereichen Infrastruktur, Verkehrssicherheit, Lärm, Umwelt, Städtebau und Verkehrsbedienung / Betriebskonzepte führen. Im Zuge der Untersuchung wurden hierfür Maßnahmen entwickelt, die in den einzelnen Berichten detailliert beschrieben sind.
Den zentralen Engpass für die Erreichbarkeit des Airport Niederrhein bildet die B 9 im Bereich Weeze, einschließlich aller Kreuzungen. Ein Ausbau der B 9 ist aufgrund der unmittelbar angrenzenden Bebauung und sonstigen Nutzung der Flächen kaum zu realisieren. Empfohlen wurde daher der Bau einer Nordwestumfahrung Weezes. Sie leitet den Verkehr zwischen der B 9 ab der Anschlussstelle Goch und der L 361 nördlich und westlich an Weeze vorbei. Die B 9 im Bereich Weeze wird in ausreichendem Maße entlastet, so dass die Leistungsfähigkeit gesichert ist. Erforderlich bleibt ein Ausbau der B 9 zwischen der Anschlussstelle Goch und dem Abzweig der neuen Nordwestumfahrung sowie eine Verbreiterung der Rampen in der Anschlussstelle. Als alternative Lösung wurde auch eine Verlängerung der B 9 ab der Anschlussstelle Kleve untersucht. Angesichts der ökologischen Eingriffe im Bereich der Kendelauen, der Notwendigkeit einer Abstimmung mit den Niederlanden und der deutlich höheren Kosten infolge der längeren Trasse wäre diese Variante mit wesentlich höherem Planungs- und Realisierungsaufwand verbunden. Das Ziel einer Umsetzung bis 2015 kann kaum erreicht werden. Aus diesem Grunde wurde diese Variante zugunsten der Nordwestumfahrung Weeze verworfen.
Für eine gute Anbindung des Airport Niederrhein an das ÖPNV-Netz wurde empfohlen, vorhandene Rufdienste in hochwertige Busverbindungen umzuwandeln und nachfolgende Verbindungen zu realisieren:
- Regionale Busverbindungen zwischen Airport Niederrhein und Weeze Bhf bzw. Venray Bhf (Umstiegsmöglichkeiten auf den "Niers-Express" sowohl Richtung Goch und Kleve als auch Richtung Kevelaer und Krefeld bzw. auf die „Maaslijn“ Richtung Nijmegen und Venlo) (Bild 2).
- Direkte regionale Busverbindung (ohne Umsteigen) zwischen Goch bzw. Kevelaer und Airport Niederrhein über Weeze Bhf (insbesondere für Arbeitnehmer, da ein Umstieg auf einer so kurzen Strecke als sehr umständlich empfunden wird).
- Verbinden dieser drei regionalen Busverbindungen (hierdurch entsteht eine durchgehende Busverbindung Venray – Goch).
Die Untersuchung der Modalitätskonzepte zeigt insbesondere für die Abwicklung des Straßenverkehrs (MIV und ÖPNV) Chancen auf, den Airport Niederrhein optimal zu erschließen.
4. November 2004