Simulation der Wirkungen von Tarifmaßnahmen

Zielsetzung

Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) hat u.a. die Aufgabe, die Tarifentwicklung für das Verbundgebiet zu konzipieren und abzustimmen sowie die damit verbundenen Tarifkalkulationen durchzuführen. Derzeit wird für die Simulation der Wirkungen aus Tarifanpassungen Office-Software eingesetzt. Damit lassen sich jedoch weder die komplexen Wirkungszusammenhänge im Tarifbereich zufrieden stellend abbilden noch die Einflüsse der vielfältigen externen Faktoren (z.B. Kaufkraft der Konsumentenhaushalte, Veränderungen der Kundenstruktur, Kosten im Konkurrenzsystem MIV) sachgerecht berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund hat der VBB die Ingenieurgruppe IVV beauftragt, ein Programmsystem zur Simulation von Tarifen zu entwickeln, das das komplexe Wirkungsgefüge im Tarifbereich sachgerecht abbildet und damit die Planung der Fahrpreise strategisch und operativ unterstützt. Ziel ist es, mit Hilfe des Softwarepaketes Aussagen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen vorgeschlagener Fahrpreisänderungen zu machen und auf diese Weise Entscheidungsgrundlagen für die Tarifweiterentwicklung im Verbundgebiet bereit zu stellen.

Lösungsansatz

Die gestellte Aufgabe wird im Rahmen eines 2-stufigen Arbeitsprogramms erbracht (vgl. Bild 1). Im Teilschritt Softwareentwicklung wird ein kompaktes Programmpaket für die Simulation von Tarifen entwickelt. Die Ansprüche an das Programmsystem leiten sich unmittelbar aus Art und Vielzahl der zu verarbeitenden Ausgangsdaten und damit aus den Anforderungen des VBB ab. Um die bestehenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge und Reagibilitäten sachgerecht abzubilden, wird die Einbindung von Verkehrssimulationssoftware erforderlich. Dementsprechend ist das Programmsystem in drei Module aufgeteilt:

  • Modul Datenhaltung
    Hier sind die vorhandenen Grundlagendaten (Raumgliederung, Strukturdaten, Angebotsdaten, Nachfragedaten aus Verkehrserhebungen, Verhaltens-/Marktforschungsdaten, Tarif- und Einnahmedaten) und alle variablen Programmparameter abgelegt. Die Datenhaltung wird so organisiert, dass verschiedene Datenzustände nebeneinander bestehen und verwaltet werden können (sog. Versionsfähigkeit).
  • Modul Verkehrssimulation
    Hier kann nahezu vollständig auf bereits vorhandene Software zurückgegriffen werden, um die Teilschritte Verkehrserzeugung, Verkehrsverteilung, Verkehrsteilung/Modal Split und Verkehrsumlegung abzubilden. Die Parameter der Verkehrssimulation werden raumspezifisch so eingestellt und festgelegt, dass sie das vorhandene Verkehrsbild in Berlin und Brandenburg im Rahmen üblicher Genauigkeiten wiedergeben. Die Ergebnisse der Verkehrssimulation können vom Anwender nur durch eine Veränderung der Grundlagendaten beeinflusst werden.
  • Modul Tarifsimulation
    Hier wird zzt. auf der Grundlage der speziellen Anforderungen des VBB ein Simulations- und Auswertetool entwickelt, das auf den Ergebnissen der Verkehrssimulation aufbaut und die damit verbundenen Wirkungen in den Bereichen Tarifnutzung und Erträge ermittelt. Zusätzlich werden die verkehrlichen Wirkungen (z.B. Nachfrageeffekte, Verkehrsmittelwahl) dargestellt.

Im Teilschritt Implementierung und Anwendungen wird das entwickelte Programmpaket für die Simulation von Tarifen mit ortsspezifischen Daten gefüttert und anhand der örtlichen Verhältnisse justiert. Im Rahmen einer Probeanwendung wird die Funktionsfähigkeit nachgewiesen.

Technisches Konzept

Plattform für das Programmpaket ist eine Microsoft Windows Netzwerkumgebung mit einem zentralen Server, der für die Datenhaltung eingesetzt wird, die Berechnungmodule beinhaltet, sowie die Rechenleistung für die aufwändigen Simulationsberechnungen zur Verfügung stellt. Bei Bedarf ist die Rechenleistung durch den Einsatz zusätzlicher Rechner skalierbar, da das Programmsystem auch die auf mehrere Rechner verteilte Berechnung von Simulationen unterstützt. Die Bedienung des Systems, die Bearbeitung der Daten und der Start der Simulation erfolgen von mehreren Arbeitsplätzen aus über Clientrechner.

Das Programmpaket ist modular aufgebaut, d.h. es besteht aus mehreren Teilbausteinen, die jeder für sich einzelnen einsatzfähig sind. Das hat auch den Vorteil, dass die zum Teil aufwändigen Berechnungsprozesse an markanten Stellen unterbrochen und später wieder aufgenommen werden können.

Auf eine benutzerfreundliche Oberfläche sowie eine einfache Handhabung wurde schon bei der Konzeption besonderer Wert gelegt. Die Teilbausteine sind integriert in eine Internet-Oberfläche, der so genannten Steuerzentrale (vgl. Bild 2). Über die Steuerzentrale werden die einzelnen Datenbearbeitungsmodule aktiviert und der gesamte Berechnungsablauf gesteuert. Die Bearbeitungsmodule sind dabei jeweils eigenständige Anwendungen, die auf die zentrale Datenbank zugreifen. Der Anwender kann über die Steuerzentrale zudem systematisch alle Daten archivieren, so dass eine vollständige Versionskontrolle über Rechenfälle und Simulationsszenarien gewährleistet ist.

Aufwändige Prüfroutinen in Verbindung mit kontextabhängigen Fehlermeldungen und einem kontextgesteuerten Hilfesystem sowohl bei der Datenerfassung und Bearbeitung als auch beim Datenimport unterstützen den Anwender bei einem reibungslosen Arbeitsablauf.

2. Januar 2006

 

Ansprechpartner bei IVV

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Bild 1: Struktur des Arbeitsprozesses und der Softwaremodule zur Tarifsimulation im VBB

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Bild 2: Benutzeroberfläche als Steuerzentrale der Tarifsimulation im VBB