Nach den umfangreichen Planungen für den Weltjugendtag 2005 in Köln hat IVV erneut ein Mobilitäts- und Verkehrskonzept für die An- und Abreise der Teilnehmer bei einem Papstbesuch erstellt. Der Besuch von Papst Benedikt XVI. am 24./25. September 2011 in Freiburg gliederte sich in mehrere einzelne Veranstaltungen. Aus verkehrlicher Sicht am bedeutendsten war dabei die Hl. Messe mit 100.000 Teilnehmern auf dem Flughafengelände in Freiburg wobei aus Sicherheitsgründen ein Verkehrskonzept für 200.000 Teilnehmer erstellt werden musste.
Für den Papstbesuch in Freiburg wurden von Seiten des Veranstalters, der Stadt und der beteiligten Träger öffentlicher Belange bereits frühzeitig Anforderungen formuliert, Konzeptideen entwickelt sowie (sektorale) Planungen begonnen. Diese Aktivitäten wurden von der Ingenieurgruppe IVV als Basis für die Erstellung eines abgestimmten Verkehrs- und Mobilitätskonzepts verwendet. Wichtige Grundlage bilden die Anforderungen seitens der Polizei (z. B. Protokollstrecken), der Rettungskräfte sowie der Sonderverkehre (Veranstaltungslogistik, VIP- und Presseverkehre etc.).
Der Zeitraum für die Erstellung des Verkehrskonzepts war aufgrund der bei Beauftragung fortgeschrittenen Zeit sowie des erforderlichen Vorlaufs für die Umsetzung/Organisation der Maßnahmen extrem kurz bemessen. Deshalb war eine enge Kooperation mit dem Auftraggeber und den mit der Veranstaltungsplanung betrauten Firmen, insbesondere jedoch mit den bereits mit Detailplanungen zum Verkehrskonzept beauftragen örtlichen Unternehmen, der Stadt Freiburg, der Polizei sowie den Verkehrsunternehmen und den Trägern öffentlicher Belange unbedingt erforderlich. Dies betraf sowohl die Bereitstellung von erarbeiteten Grundlagen als auch die Zuarbeit und Abstimmung während der Projektbearbeitung.
Die zur sicheren Abwicklung einer Großveranstaltung erforderlichen verkehrlichen (temporären) Maßnahmen für die verschiedenen Verkehrsträger – insbesondere im Bereich der Infrastruktur – sind im Rahmen des Verkehrskonzepts zu entwickeln, mit den Beteiligten abzustimmen und in den nachfolgenden Arbeitsschritten für die Veranstaltung in Detailplanungen umzusetzen. Die dabei in Freiburg angewandte Vorgehensweise ist in der nachfolgenden Abbildung schematisch dargestellt.
Auf der Grundlage von Daten, Planungen und Anforderungen sowie der im Laufe der Bearbeitung beigesteuerten Informationen wurde von IVV ein erstes Gesamtkonzept erstellt. Hierzu wurden die übernommenen Daten auf Plausibilität, Konflikte und unverträgliche Überlagerungen überprüft. Darauf aufbauend wurden Veränderungen und ergänzende Routen in Abstimmung mit dem Auftraggeber (Veranstalter), den lokalen Planungsbüros, der Polizei und der Stadt Freiburg entwickelt. Wichtige Kriterien waren dabei die Vermeidung von konfliktträchtigen Routen (z. B. Rettungstrassen/Protokollstrecken auf Hauptfußwegen) sowie die Bestimmung der Leistungsfähigkeit der Pilgerwege in der Nähe des Veranstaltungsgeländes.
Das Mobilitätskonzept für den Papstbesuch in Freiburg berücksichtigte folgende Schwerpunktthemen:
- Abschätzung der Verkehrsnachfrage: Wie viele Besucher reisen wann, mit welchem Verkehrsmittel, aus welcher Richtung an? Im Laufe der Projektbearbeitung wurden die Abschätzungen unter Nutzung des vom Veranstalter betriebenen Buchungssystems (für kostenlose Eintrittskarten), das entsprechende Fragen enthielt, konkretisiert.
- Einrichtung von Protokollstrecken, Sperrzonen und Anwohnerschutzzonen: Protokollstrecken sind die Routen, die vom Papst befahren werden (geplante und entsprechende Ausweichrouten). Sie müssen demnach den höchsten Sicherheitsansprüchen genügen und dürfen für gewisse Zeitabschnitte nicht von anderen Verkehren genutzt werden. Sperrzonen (d.h. Bereiche, die nur von bestimmten Verkehrsteilnehmern mit Fahrzeugen befahren werden dürfen) dienen neben dem Schutz des Veranstaltungsablaufs und der Funktionsfähigkeit der Verkehrsabwicklung auch dem Schutz der anliegenden Stadtbereiche vor "einsickernden" Kfz und der damit verbundenen Gefahr des Zuparkens aller nicht explizit gesperrten und bewachten Bereiche.
- Fahrzeugtrassen mit Verbindung zum Gelände: Festlegung von Trassen für Fahrzeuge, die direkt an das Gelände gelangen - und umgekehrt. Es handelt sich im Einzelnen um Einsatzfahrzeuge der Rettungsdienste und der Sicherheitskräfte, Ver- und Entsorgungsverkehre, VIP- und Presseshuttle sowie Wege für die An- und Abreise von Menschen mit Behinderungen (i.d.R. mit eigenem Pkw).
- Reisebusparken inkl. An- und Abfahrstrecken: In - für Pilger zumutbarer - fußläufiger Entfernung zum Veranstaltungsgelände (1,5 bis 6 km) wurden vom Veranstalter als bedeutender Input für das Mobilitätskonzept Parkmöglichkeiten für rund 1.700 Reisebusse im öffentlichen Straßenraum (z.B. auf gesperrten Straßen) und auf privaten Flächen eruiert und akquiriert. Die Zu- und Abfahrten zu diesen Stellflächen und die Pilgerwege zum Veranstaltungsgelände wurden in das Gesamtkonzept integriert.
- Pkw-Parken und Shuttlebuslinien: Für Pilger mit eigenem Pkw wurden keine Parkplätze in fußläufiger Entfernung angeboten, da solche Parkflächen effektiver mit Reisebussen besetzt werden. In der Umgebung von Freiburg wurden durch den Veranstalter Flächen zum Pkw-Parken (rund 20.000 Stellplätze) akquiriert. Von diesen Flächen wurden die Pilger mit Shuttlebussen zu speziellen Shuttlebusparkplätzen in Geländenähe transportiert.
- Fern- und Regionalverkehr Schiene: Neben der Bereitstellung zusätzlicher Kapazitäten auf der Schiene war die Planung der Verkehrsabwicklung an den Bahnhöfen (z.B. Einrichtung von Wartezonen außerhalb des Bahnhofs zur Pufferung der Reisenden, wenn die akute Nachfrage das momentane Angebot übersteigt) ein Schwerpunkthema.
- Städtischer und regionaler ÖPNV: Der ÖPNV wurde von vielen Freiburgern sowie Anwohnern im nahen Umland als An- und Abreiseverkehrsmittel in Veranstaltungsnähe genutzt. Deshalb wurde – unter Berücksichtigung der gesperrten Bereiche – das Angebot auf wichtigen Relationen deutlich verstärkt. Die umfangreichen Sperrmaßnahmen im Stadtgebiet erforderten aber auch das Einstellen oder Verlegen einzelner Linien.
- Radverkehr: In Freiburg ist traditionell ein hoher Anteil von Radfahrern im Modal-Split vorhanden. Deshalb wurde – insbesondere vor dem Hintergrund der erwarteten Restriktionen im ÖV und im MIV – eine großen Nachfrage an Radfahrern für mittlere Entfernungen (2 – 15 km) erwartet. Da die Radfahrer und die abgestellten Räder im engeren Umfeld des Veranstaltungsgeländes zunehmend störend wirken, wurden geeignete Radfahrtrassen zu extra eingerichteten großen Fahrradabstellanlagen in fußläufiger Entfernung zum Gelände geplant.
- Pilgerwege (Fußgängerverkehr): Pilgerwege sind alle Fußwege zum / vom Gelände, z.B. Wege von/zu Busparkplätzen, Bahnhöfen und Haltestellen des ÖV, Shuttlebushaltestellen, Fahrradabstellanlagen sowie Haupterschließungswege für Fußgängerverkehre. Alle Besucher nutzen letztendlich in der Nähe des Veranstaltungsgeländes die Pilgerwege, sodass Wege mit einer Gesamtkapazität von 200.000 Personen zur Verfügung gestellt werden mussten. Hierzu sind beispielsweise auch mehrstreifige Hauptverkehrsstraßen zu Fußwegen umfunktioniert worden.
- Örtliches Sperrkonzept und Umleitungskonzept für das überörtliche Straßensystem: Aufgrund der Sperrungen und Straßennutzungen im Umfeld des Veranstaltungsgeländes (z. B. Hauptrouten von Busparkplätzen zur Autobahn, Shuttlebuslinien) sowie die Lage der Sperrzonen wurde ein Konzept für Umleitungen für den überörtlichen Kfz-Verkehr erarbeitet.
- Konzept zur Beschilderung der Pilgerwege: Für die Beschilderung der Fußwege wurde ein Konzept erarbeitet, das mit unterschiedlichen Farben für Hauptwegrichtungen und Zielpiktogrammen arbeitet. Vom Veranstaltungsgelände wurde zunächst in 6 farblich unterschiedene Hauptrichtungen gewiesen, die sich dann im Laufe der Routen auf die verschiedenen Ziele aufteilen.
Das Mobilitätskonzept wurde von den beteiligten Stellen analysiert. Die als Ergebnis der Prüfungen in mehreren Besprechungen sowie schriftlich bereit gestellten Änderungs- und Ergänzungswünsche wurden geprüft und abgestimmt. Diese Arbeiten bildeten die Grundlage für die Fortschreibung des Konzepts (ausgelegt auf eine Teilnehmerzahl an der Hl. Messe von 200.000), das den beteiligten und betroffenen Institutionen und der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Das Mobilitäts-/Verkehrskonzept wurde in großformatigen Plänen mit entsprechenden Symbolen und Signaturen dargestellt und in einem Bericht erläutert. Es konnte von den Beteiligten als Grundlage für eigene Detailplanungen verwendet werden und diente darüber hinaus als Richtgröße für die Umsetzungsplanungen. IVV wurde von Seiten des Auftraggebers dazu eingesetzt, diese Detailplanungen, die von den örtlichen Büros mit eigenem Auftrag durchgeführt werden, in einer Art "Controlling" im Hinblick auf die im Konzept festgesetzten Aufgaben und die möglicherweise durch Detailänderungen sich ergebenden Konflikte hin zu überprüfen und das Konzept dementsprechend fortzuschreiben.
13. Januar 2012