Vom 14.06.2004 bis zum 14.07.2024 fand in Deutschland die UEFA Euro 2024 statt. Zur Vorbereitung eines reibungslosen Ablaufs der An- und Abreise sowie der Fahrten und Wege in den Austragungsorten wurden von den Gastgeberstädten, den Host-Cities, umfangreiche Mobilitätskonzepte erstellt. IVV durfte das Mobilitätskonzept für die Host-City Köln erarbeiten und die Leitzentrale – das Host City Operation Center– durch Beobachtungen vor Ort während der Spieltage unterstützen.
Durch die besonderen Anforderungen der UEFA im Hinblick auf die Sicherheitszone um das Stadion, die exklusive Nutzung von Parkplätzen durch Gäste der UEFA oder Wunschvorstellung hinsichtlich der Nutzung des Umweltverbunds waren für die Spieltage spezielle – von den üblichen Fußballspielen im Rhein-Energie-Stadion abweichende – Konzepte zur Verkehrsabwicklung im MIV, ÖV sowie im Fuß- und Radverkehr zu erarbeiten und umzusetzen.
Eine zusätzliche Herausforderung war dabei der Umgang mit den gerade bei der EURO 24 in allen Spieleorten quasi flächendeckend durchgeführten Fan-Walks zu den Stadien. Hierbei trifft sich eine große Zahl der jeweiligen Fans bereits Stunden vor dem Spiel an zwei Treffpunkten (Meeting-Points) um von dort singend, feiernd (und trinkend) auf zwei getrennten Wegen zu getrennten Eingängen am Stadion zu laufen. Der Fan-Walk ist als eigenes Event so attraktiv, dass auch eine große Anzahl von Fans ohne Eintrittskarte daran teilnimmt. Jeder erinnert sich hier sicherlich an die Bilder der Niederländer ("nach links, nach rechts") oder der Schotten mit ihren Dudelsackspielern an der Spitze.
In diesem Beitrag möchten wir auf einige Besonderheiten durch das Phänomen 'Fan-Walk' im Mobilitätskonzept einer Großveranstaltung eingehen.
Grundsätzliche Anforderungen – Der Meeting Point
Ein Fan-Walk bei der EURO 24 gestaltete sich - zumindest in Köln - wie folgt. Die Fans versammeln sich einige Stunden vor dem Spiel an einem ausreichend großen Treffpunkt, der mit Getränke- und Essensständen, Toiletten und Beschallungsanlage (Stimmungsmusik in Landessprache) für die erwartete Personenmenge versehen ist. Die optimale Entfernung zum Stadion beträgt 1,5 bis 2,5 km. Ein Meeting Point muss gut mit dem ÖV erreichbar sein (Haltestelle(n) in der Nähe, ausreichende Kapazität der Busse und Bahnen). Es empfiehlt sich, einen Drop-Off für Fangruppen, die mit dem Reisebus anreisen, einzurichten. Fans, die mit dem Pkw anreisen, benötigen Stellplätze in der Nähe des Meeting-Points bzw. eine deutlich früher als übliche Öffnung von Parkplätzen am Stadion. Bei der Wahl der für über 10.000 Menschen erforderlichen Fläche für den Meeting Point muss man sich nicht unbedingt auf Veranstaltungsplätze oder Grünflächen fokussieren. Es bietet sich auch an, geeignete Straßenräume abzusperren und herzurichten, z.B. in gewerblich genutzten Bereichen, wenn eine zusätzliche rückwärtige Erschließung vorhanden ist oder zur Fan-Walk-Zeit kein Betrieb erfolgt.
Grundsätzliche Anforderungen – Der Weg zum Stadion
Zu einem unter Berücksichtigung der Anstoßzeit, der Einlasskapazität am Stadion und der Wegelänge festgelegten Zeitpunkt laufen die Fans unter vollständiger Nutzung der Straßenbreite auf einem festgelegten Weg zum Stadion. Der Walk wird dabei von den Organisatoren der Stadt, den Fan-Beauftragten der Nation und der Polizei angeführt und auf dem ganzen Weg von der Polizei (u.a. mit Lautsprecherwagen für Durchsagen in Landessprache) und Rettungskräften begleitet.
Der Weg wird im Vorfeld hergerichtet (Entfernung von Hindernissen, temporäres Parkverbot) und durch geeignete Maßnahmen (personalbesetzte Sperrstellen, Umleitung von Buslinien) für andere Verkehrsteilnehmer über einen möglichst kurzen Zeitraum gesperrt. Besonderes Augenmerk ist auf zu querende Hauptverkehrsstraßen und auf zu querende Straßenbahnlinien zu richten. Abhängig von der Teilnehmerzahl des Fan-Walks müssen diese ggf. für längere Zeit gesperrt werden. Wegen sehr unterschiedlicher Laufgeschwindigkeiten (Unterbrechungen durch Gesänge und Choreos) sind an diesen Stellen individuell möglichst kurzen Vorlaufzeiten der Sperrung umzusetzen, um unnötig lange Sperrzeiten zu vermeiden. Bei den durch die Sperrung unterbrochenen Linien des Schienenverkehrs sind ggf. Lösungen wie Pendelverkehre zur jeweils letzten Haltestelle einzuplanen. Die Anlieger der Fan-Walk-Strecke müssen frühzeitig über die Sperrung informiert werden, da keine Möglichkeit der An- und Abfahrt mit Kfz besteht.
Unmittelbar im Anschluss an den Fan-Walk muss der Weg gereinigt werden (die Fans hinterlassen eine große Menge "Leergut"), um einerseits die normale Nutzung wieder zu gewährleisten, aber auch um die Akzeptanz bei den Anliegern für ggf. zukünftige Fan-Walks zu erhöhen.
Grundsätzliche Anforderungen – Ankunft am Stadion
Im Gegensatz zum mehr oder weniger kontinuierlichen Eintreffen von Zuschauern am Stadion erscheint durch den Fan-Walk eine große Anzahl von Fans gleichzeitig beim jeweiligen Eingangsbereich. Dies erfordert ausreichend große Warteflächen und eine abgestimmte Kapazität der Einlasskontrollen Die nicht zu vermeidenden Wartezeiten sind in die Abmarschzeit des Fan-Walks einzukalkulieren.
Besonderes Augenmerk ist auf die ggf. sehr große Anzahl von Fans zu legen, die den Fan-Walk mitmachen, aber keine Eintrittskarte zum Spiel besitzen. Es muss vermieden werden, dass sich diese Gruppen während des Spiels am Stadion aufhalten, da sie nach Spielende die gesamte Verkehrsinfrastruktur und hier insbesondere den ÖV zusätzlich belasten. Dies bedeutet beispielsweise, dass im direkten Stadionumfeld kein Public Viewing und keine Getränke etc. vor und während des Spiels angeboten werden.
Fan-Walks bei der EURO 24 in Köln – Eine Erfolgsstory
Bei den fünf Spielen in Köln wurden neun Fan-Walks organisiert und durchgeführt – nur die Engländer machen so was grundsätzlich nicht. Bereits im Vorfeld gab es einen intensiven Austausch mit den Fan-Vertretern der Verbände, die Anforderungen und wichtige Hinweise eingebracht haben. Die Fan-Betreuer und Polizeibeamte der Länder waren auch immer an der Durchführung in Köln beteiligt.
Alle Fan-Walks wurden erfolgreich ohne Probleme oder Verzögerungen bewältigt. Alle Beteiligte bei der Durchführung haben dazu beigetragen, z.B. die Polizei, die Verkehrssicherer, der Verkehrsbetrieb, die Security, die Volunteers, die Behörden, aber auch die geduldigen betroffenen Verkehrsteilnehmer und Anwohner. Die Fan-Walks waren für alle ein positives Erlebnis. Dies ist nicht zuletzt auch der sehr guten Veranstaltungsorganisation der an den Meeting-Points tätigen Agenturen zu verdanken, die z. B. durch Beschallung mit landestypischen Stimmungshits – und die gute Getränkeversorgung – die positive Stimmung erzeugt haben, die auf dem Weg zum Stadion noch gesteigert wurde.