StandortTOOL für den Ladeinfrastrukturausbau in Deutschland

Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat die Ingenieurgruppe IVV ein StandortTOOL für den Ausbau der Infrastrukturen für alternative Kraftstoffe in Deutschland entwickelt. IVV wird dabei von drei Partnern unterstützt, dem Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr der RWTH Aachen, dem Institut für Verkehrsforschung des DLR (Berlin) und dem Reiner Lemoine Institut (Berlin).

Das StandortTOOL stellt den aktuellen Bestand an Ladeinfrastruktur in Deutschland dar und liefert einen Überblick über alle durch das BMVI geförderte Ladepunkte. Auf der Grundlage des Bestandes generiert das StandortTOOL die für einen bedarfsgerechten Aufbau der Lade- und Tankinfrastruktur für die Kraftstoffe Strom, Wasserstoff und Methan erforderlichen Daten und stellt diese in einem räumlich hochauflösenden Modell zur Verfügung. In einer ersten Ausbaustufe fokussiert das StandortTOOL auf den Ladebedarf von Elektrofahrzeugen.

Das StandortTOOL gibt Auskunft über eine am Bedarf orientierte Verortung der Ladestationen von privat genutzten Elektrofahrzeugen im Personenverkehr (ausgenommen sind leichte und schwere Nutzfahrzeuge) sowie über die voraussichtliche Anschlussverfügbarkeit der Ladeinfrastruktur an das Mittelspannungsnetz. Das modellseitige, deutschlandweit einheitliche Vorgehen bei der Ladebedarfsermittlung garantiert eine hohe Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Bei der Interpretation und Verwendung der Ergebnisse ist stets zu berücksichtigen, dass

  • reale Ladebedarfe aufgrund von lokalen Gegebenheiten und Besonderheiten von den modellseitig ermittelten Ladebedarfen abweichen können,
  • die Analysen mit dem StandortTOOL keine Mikrostandortplanung ersetzen.

Die Identifikation und Verortung von Ladeinfrastrukturbedarfen basiert auf räumlichen, soziodemografischen und sozioökonomischen Faktoren, Verkehrsverflechtungen sowie Fahrzeugmarktinformationen.

Zur Abbildung der Vielzahl an Einflussfaktoren beim Ladeinfrastrukturaufbau wurde für die Ladebedarfsmodellierung und Ladebedarfsprognose ein flexibles Szenarienset entwickelt. Spezifische Szenarien können hierzu mit Hilfe von Reglern eingestellt werden. Hierdurch ist es möglich, mit dem StandortTOOL zukünftige Entwicklungen oder Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge flexibel abzubilden.

Das StandortTOOL gibt den Bedarf an Ladeinfrastruktur in Deutschland quantitativ aus und verortet diesen. Dabei wird der durch die vorhandene Ladeinfrastruktur bereits gedeckte Ladebedarf mindernd berücksichtigt. Für die räumliche Verortung des verbleibenden Ladebedarfs werden zwei unterschiedliche methodische Ansätze kombiniert, um unterschiedliches Ladeverhalten und unterschiedliche Ladeinfrastrukturbedarfe im Nah- und Fernverkehr abzubilden:

  • flächenorientierter Ansatz zur Berechnung des (öffentlichen) Ladebedarfs des Alltagsverkehrs in Siedlungsgebieten (Ladebedarf im Nahverkehr),
  • korridorbezogener Ansatz zur Berechnung des Ladebedarfs entlang des Fernstraßennetzes (Ladebedarf im Fernverkehr).

Zum Nahverkehr gehören Pkw-Fahrten von bis zu 100 km Wegelänge. Längere Fahrten werden dem Fernverkehr zugeordnet. Für beide Ansätze gelten die gleichen Annahmen hinsichtlich des Fahrzeugbestands und der technischen Fahrzeugauslegung. Jedoch unterscheiden sich die beiden Ansätze in der einbezogenen Fahrzeugtechnologie:

  • für den Nahverkehr werden sowohl reine E-Fahrzeuge (BEV) als auch Plug-in-Hybride (PHEV) berücksichtigt,
  • für den Fernverkehr werden ausschließlich BEV berücksichtigt (Begründung: Fernfahrten mit PHEV werden auf Grund ihrer begrenzten elektrischen Reichweite und der langen Ladezeiten durch die geringen Ladeleistungen nahezu ausschließlich mit dem Verbrennungsmotor zurückgelegt).

Zusätzlich wird bei den Betrachtungen im Fernverkehr der grenzüberschreitende Verkehr berücksichtigt, verursacht durch in Deutschland gemeldete E-Fahrzeuge und nicht in Deutschland gemeldete E-Fahrzeuge. Damit wird eine ausreichende Versorgungssicherheit für den grenzüberschreitenden Verkehr sichergestellt. Für die Ladebedarfsanalysen im Nahverkehr findet der Verkehr von nicht in Deutschland gemeldeten E-Fahrzeugen auf Grund von fehlender Datengrundlage keine Berücksichtigung.

Räumliche Grundlage der Berechnung des Ladebedarfs im Nahverkehr bildet die Ebene der Postleitzahl-8-Gebiete. Diese sind hinsichtlich der Anzahl Haushalte nahezu gleich groß (ca. 500 Haushalte je PLZ-8-Gebiet), unterscheiden sich jedoch hinsichtlich ihrer Flächengröße. Der Ladebedarf im Fernverkehr wird entlang des Autobahnnetzes (zzgl. einiger fernverkehrsrelevanter Bundesstraßen) auf Raststätten, Autohöfen, Rastplätzen und Anschlussstellen verortet. In beiden Verfahren wird der ermittelte Ladebedarf auf eine räumlich einheitliche Rasterebene (Gitterzellen) umgerechnet. Dieses kohärente Vorgehen erlaubt, im StandortTOOL den räumlich verorteten Ladebedarf aus Nah- und Fernverkehr auf Gitterzellenebene zu aggregieren und in quadratischen Gitterzellen mit einer Kantenlänge von 500 m auszugeben.

6. Mai 2021

 

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Ladeinfrastruktur in Deutschland (Bild links) und verbleibende Ladebedarfe 2025 (Bild rechts)

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Verbleibende Ladebedarfe 2025 (Ausschnitt)